1. Tag – Mittwoch, 6. November 2024

Anruf Christi zur Nachfolge

Gebete

Komm, Schöpfer Geist

Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein, besuch das Herz der Kinder dein,
erfüll uns all mit deiner Gnad’, die deine Macht erschaffen hat.

Der du der Tröster wirst genannt, vom höchsten Gott ein Gnadenpfand,
du Lebensbrunn, Licht, Lieb’ und Glut, der Seele Salbung, höchstes Gut.

0 Schatz, der siebenfältig ziert, o Finger Gottes, der uns führt,
Geschenk, vom Vater zugesagt, du, der die Zungen reden macht.

Zünd an in uns dein Gnadenlicht, gieß Lieb ins Herz, die ihm gebricht,
stärk unsres Leib’s Gebrechlichkeit mit deiner Kraft zu jeder Zeit.

Treib weit von uns des Feind’s Gewalt, in deinem Frieden uns erhalt,
daß wir, geführt von deinem Licht, in Sünd’ und Leid verfallen nicht.

Gib, daß durch dich den Vater wir und auch den Sohn erkennen hier,
und daß als Geist von beiden dich wir allzeit glauben festiglich.

Gott Vater Lob auf höchstem Thron und seinem auferstand’nen Sohn;
dem Tröster auch sei Lob geweiht jetzt und in alle Ewigkeit.
Amen.

Anrufung des Heiligen Geistes

Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen
und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!

Sende aus deinen Geist, und alles wird neu geschaffen werden.
Und du wirst das Angesicht der Erde er­neuern.

O Gott, du hast die Herzen der Gläubigen durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes gelehrt;
gib, daß wir in diesem Geiste erkennen, was recht ist, und seines Trostes uns allezeit erfreuen:
Durch Christus, unsern Herrn.
Amen.

Ave maris stella

Meerstern, ich dich grüße, Mutter Gottes, süße,
allzeit Jungfrau, reine, Himmelspfort’ alleine!

Ave klang die Kunde aus des Engels Munde,
uns den Frieden spende, Evas Namen wende.

Lös das Band der Sünden, spende Licht den Blinden,
allem Bösen wehre, alles Gut begehre.

Dich als Mutter zeige, daß durch dich sich neige
unserm Fleh’n auf Erden, der dein Sohn wollt’ werden.

Jungfrau, auserkoren, mild und rein geboren,
uns von Schuld befreie, Keuschheit uns verleihe.

Gib ein reines Leben, mach den Weg uns eben,
daß in Himmelshöhen froh wir Jesus sehen.

Vater, ich dich ehre, Sohn, dein Lob ich mehre,
beider Geist ich preise, drei auf gleiche Weise.
Amen.

Gebet vor der Betrachtung in den ersten zwölf Tagen

O Maria, unbefleckte Braut des Heiligen Geistes,
Mutter Jesu und meine Mutter, meine Herrin und Königin!
Dir will ich mich ganz hingeben, durch dich ganz Jesus gehören.
Erflehe mir Licht und Kraft vom Heiligen Geist und reinige mich vom Geist der Welt.

Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen
und entzünde in uns das Feuer deiner göttlichen Liebe.

Betrachtungen

Wir schauen im Geiste unseren Herrn und Heiland Jesus Christus. Er fordert uns auf zur Ganzhingabe an ihn durch die Hände seiner heiligsten Mutter; denn das ist der sicherste und schönste Weg, um ein echter Jünger Jesu Christi zu werden.

Der Aufruf Jesu Christi

Gedenket, meine lieben Mitbrüder, daß unser guter Heiland euch jetzt ansieht und zu jedem einzelnen von euch spricht: »Siehe, fast die ganze Welt läßt mich allein auf dem königlichen Weg des Kreuzes. Die verblendeten Götzendiener verspotten mein Kreuz als Torheit, die starrsinnigen Juden stoßen sich daran, es flößt ihnen Abscheu ein; die Irrlehrer zertrümmern und stürzen es als verächtlich. Aber — und das kann ich nur mit Tränen in den Augen und mit leiddurchbohrtem Herzen sagen — auch die Kinder, die ich in meinem Herzen großgezogen und in meiner Schule gelehrt habe, die Glieder meines Leibes, denen ich meinen Geist eingehaucht habe, sie haben mich verlassen und verachtet und sind zu Feinden des Kreuzes geworden. Wollt auch ihr andern mich verlassen und mein Kreuz fliehen wie die Weltkinder, die sich so wi­ der mich stellen? Wollt auch ihr es mit der Welt halten und die Armut meines Kreuzes verachten, um den Reichtümern nachzu­ laufen? Wollt ihr dem Schmerz meines Kreuzes entgehen, um dem Vergnügen nachzujagen, die Demut meines Kreuzes hassen, um nach Ehren zu geizen? Ich habe viele Scheinfreunde, die mir ihre Liebe be­teuern und mich doch im Grunde hassen, weil sie mein Kreuz nicht heben. Viele wollen die Freuden meiner Tafel mit mir teilen, aber wenige mein Kreuz.«

Die vier Kennzeichen der Jünger Jesu

Erheben wir uns bei diesem lieben­ den Anruf Jesu über uns selbst! Lassen wir uns nicht wie Eva von unseren Sinnen ver­ führen! Betrachten wir nur den gekreuzig­ ten Jesus, den Urheber und Vollender un­ seres Glaubens! Fliehen wir die sündige Begierlichkeit der verderbten Welt! Lieben wir Jesus Christus auf die rechte Art, näm­ lich durch alle Kreuze hindurch.

Betrachten wir die wunderbaren Worte unseres geliebten Herrn und Mei­ sters, die die ganze Vollkommenheit des christlichen Lebens in sich bergen: »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz und folge mir!«

Die ganze christliche Vollkommen­ heit besteht in der Tat in vier Dingen:

  1. Im festen Willen, heilig zu werden — »Wer mein Jünger sein will«;
  2. in der Entsagung — »der verleugne sich selbst«;
  3. im Leiden — »er nehme sein Kreuz«;
  4. im Handeln — »und folge mir«.

1. Fester Wille

»Wer mein Jünger sein will« — d. h. er muß wahrhaftig den ungeteilten, ent­schlossenen Willen dazu haben. Er darf es nicht aus natürlicher Neigung, Selbstliebe, Eigennutz oder Menschenfurcht wollen,
sondern nur durch eine alles Gnade des Heiligen Geistes, die nicht allen besiegende verliehen wird. Die Erkenntnis des Kreuzgeheimnisses ist nur wenigen geschenkt. Wer den Kalvarienberg seines eigenen Lebens ersteigen will um sich dort mit Jesus kreuzigen zu lassen, muß ein Held sein, mutig und entschlossen, ein vergöttlichter Mensch, der Welt und Hölle, seinen eigenen Leib und Willen für nichts achtet, ein Mensch, der entschlossen ist, für Jesus Christus alles zu verlassen, alles zu wagen und alles zu leiden.

Seid euch bewußt, meine lieben Freunde des Kreuzes, daß jene unter euch, denen diese Entschlossenheit abgeht, nur mit einem Fuße voranschreiten, nur mit einem Flügel fliegen. Sie sind nicht wert, eurer Gemeinschaft anzugehören, weil sie den Namen eines Kreuzesfreundes nicht verdienen. Denn das Kreuz muß man wie Jesus Christus großmütig und willigen Herzens lieben. Ein einziges halbes Wollen genügt schon, um wie ein räudiges Schaf die ganze Herde anzustecken. Und hat sich ein solcher durch die verruchte Pforte der Welt schon in euren Schafstall eingeschli­ chen, dann soll man ihn im Namen des ge­ kreuzigten Christus hinausjagen wie einen Wolf, der unter die Schafe geraten ist.

2. Selbstverleugnung

»Wer mir nachfolgen will« — sagt Jesus. Ich habe mich so sehr verdemütigt und entäußert, daß ich mehr einem Wurme glich als einem Menschen. Ich kam nur in die Welt, um das Kreuz zu umfangen. Ich habe es mitten in mein Herz gepflanzt und es von meiner Jugend an geliebt. Ich habe mich mein Leben lang nach ihm gesehnt, es mit Freuden getragen und es allen Won­ nen des Himmels und der Erde vorgezogen. Und ich hatte keine Ruhe, bis ich in seiner göttlichen Umarmung starb.

Wer mir also nachfolgen will, der ich so erniedrigt und gekreuzigt bin, der rühme sich so wie ich nur in der Armut, den Verdemütigungen und Leiden meines Kreuzes und verleugne sich selbst. Hinweg aus der Gemeinschaft der Kreuzesfreunde mit allen jenen, die das Kreuz mit Hoch­ mut tragen! Hinweg mit den Weisen dieser Welt, den großen Geistern und aufgeblase­ nen Freidenkern, die sich auf ihre Geistes­ blitze und Talente etwas einbilden! Hin­ weg mit jenen großen Schwätzern, die nur viel Lärm machen und keine andere Frucht bringen als die ihrer Eitelkeit! Hinweg mit jenen hochnäsigen Frömmlern, die überall die Vornehmtuerei des stolzen Luzifers an sich tragen — »Ich bin nicht wie die andern!« —, die sich niemals tadeln lassen, ohne sich zu entschuldigen, sich niemals angreifen lassen, ohne sich zu verteidigen, sich niemals erniedrigen lassen, ohne sich zu erheben! Hütet euch wohl, in eure Ge­ meinschaft j ene zimperlichen Sinnenmenschen aufzunehmen, die den kleinsten Na­ delstich schon fürchten, die beim gering­ sten Schmerz schreien und klagen, die sich niemals Bußwerke auferlegt haben und die genug durchtrieben sind, ihre Zimperlich­ keit und ihren Mangel an Abtötung unter ihren Modeandachten zu verbergen.

3. Kreuzesliebe

»Er nehme sein Kreuz auf sich« — Wie selten ist ein Mensch, der s ein Kreuz auf sich nimmt! Die ganze Welt wiegt sei­ nen Wert nicht auf. Mit Freuden soll er es empfangen, mit Eifer es umfangen und voll Mut es auf seinen Schultern tragen — aber sein Kreuz und nicht das Kreuz eines andern. Sein Kreuz, das ich in meiner Weisheit ihm nach Zahl, Gewicht und Maß zugerichtet habe, dem ich mit eigener Hand und mit peinlichster Genauigkeit seine vier Eigenschaften verliehen habe, nämlich Stärke, Länge, Breite und Tiefe. Sein Kreuz, das ich ihm aus wohlwollender Liebe aus einem Teil jenes Kreuzes her- ausgeschnitten habe, das ich auf Golgotha trug. Sein Kreuz, das das größte Geschenk ist, welches ich meinen Auserwählten auf Erden machen kann. Die Stärke dieses Kreuzes sind die materiellen Verluste, Demütigungen, Schmerzen, Krankheiten und seelischen Leiden, die meine Vorsehung ihm täglich bis zu seinem Tode zustoßen läßt. Die Länge, das ist die Dauer von Tagen oder Monaten, während deren er von Verleumdung niedergedrückt, auf ein Krankenlager gestreckt, auf Almosen an­ gewiesen, von Versuchungen, Trockenheit, innerer Verlassenheit und anderen seeli­ schen Leiden bedrängt ist. Die Breite be­ steht aus all dem Harten und Bitteren, das er von seinen Freunden, Hausgenossen und Verwandten erfährt. Die Tiefe aber liegt in jenen verborgenen Leiden, mit denen ich ihn heimsuchen werde, ohne daß er in den Geschöpfen Trost finden kann. Ja, auf meinen Befehl werden die Geschöpfe ihm den Rücken kehren und sich mit mir ver­ einen, um ihm Leiden zu bereiten.

Er soll es tragen ; er soll es nicht nachschleppen, nicht abschütteln, nicht wegwerfen und nicht verbergen, sondern er soll es aufrecht und offen tragen, ohne Ungeduld und Übellaunigkeit, ohne Furcht und vorsätzliche Auflehnung, ohne es tei­ len zu wollen, ohne sich zu schonen, ohne Scheu und Menschenfurcht. Er soll es vor sich hertragen und wie der heilige Paulus sagen: »Fern sei es von mir, mich eines anderen zu rühmen als im Kreuze meines Meisters Jesus Christus!« Wie Jesus soll er es auf den Schultern tragen, damit dieses Kreuz ihm zu einer Waffe der Eroberung und zu einem königlichen Zepter werde. Und schließlich soll er es aus Liebe in sei­ nem Herzen tragen, damit es dort zu einem brennenden Dornbusch werde, der Tag und Nacht von reiner Gottesliebe brennt, ohne sich zu verzehren.

4. Die Buße

»Das Kreuz« — er soll es tragen, denn nichts ist so notwendig, so nützlich und so süß, nichts ist so ruhmreich, als für Jesus Christus zu leiden. Tatsächlich seid ihr alle Sünder, meine lieben Kreuzes­ freunde. Nicht einer ist unter euch, der nicht die Hölle verdient, und ich noch mehr als die anderen. Unsere Sünden müssen entweder in dieser Welt bestraft werden oder in der anderen. Geschieht es in dieser, dann bleibt es uns in der anderen erspart. Wenn Gott in dieser Welt unsere Sünden mit unserem Einverständnis bestraft, dann wird es eine Strafe der Liebe sein. Nicht die strenge Gerechtigkeit, sondern die Barm­ herzigkeit wird in dieser Welt walten und die Strafe bestimmen. Sie wird leicht und vorübergehend sein, sie wird uns Süßig­ keit und Verdienste bringen, und der Lohn wird ihr folgen in Zeit und Ewigkeit. Wenn aber die notwendige Strafe für die andere Welt aufgespart wird, dann wird Gottes rächende Gerechtigkeit die Sünder mit Feuer und Schwert heimsuchen und die Strafe vollziehen. Schrecklich wird diese Strafe sein, unaussprechlich, unfaßlich. Er­ barmungslos wird die Strafe sein, ohne Linderung, ohne Verdienst, ohne Grenzen und ohne Ende. Ja, ohne Ende! Diese Tod­ sünde, die du in einem Augenblick began­ gen hast, dieser vorsätzlich böse Gedanke, an den du dich nachher kaum mehr erin­ nert hast, dieses Wort, das der Wind ver­ weht hat, dieses Vergehen gegen Gottes Gesetze, das von so kurzer Dauer war, all das wird eine Ewigkeit lang bestraft wer­ den, so lange Gott noch Gott ist. Leiden auf immer, ohne Verdienst, ohne Erbar­ men, ohne Ende!

Denken wir wohl daran, meine lieben Brüder und Schwestern, wenn wir in dieser Welt irgendein Weh erdulden? Wie sind wir doch glücklich, durch das geduldige Tragen dieses Kreuzes die ewige, frucht­ lose Pein für eine vorübergehende und ver­ dienstliche eintauschen zu dürfen! Wieviel unbezahlte Schulden haben wir? Wie viele Sünden haben wir begangen, die wir trotz bitterer Reue und ehrlicher Beichte lange Zeit im Fegfeuer werden sühnen müssen, weil wir uns in dieser Welt mit ein paar nichtssagenden Bußwerken begnügt haben! Bezahlen wir doch in dieser Welt unsere Schulden freiwillig und tragen wir unser Kreuz. In der anderen Welt muß alles, selbst noch jedes müßige Wort, genauestens bis zum letzten Heller bezahlt werden. Könnten wir dem Satan nur das Buch des Todes entreißen, in dem er alle unsere Sün­ den vermerkt hat, und die Strafen, die sie verdienen; welch ein gewaltiges Soll fän­ den wir in unserer Rechnung, und wie wür­ den wir lieber jahrelang hienieden leiden als nur einen Tag in der anderen Welt!

Jesus an seine Jünger:

»Wer mir nach­ folgen will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich, und so folge er mir! Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinet­ willen verliert, wird es finden. Denn was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber dabei seine Seele ver­ liert? Was kann der Mensch als Entgelt für seine Seele geben? Denn der Menschen­ sohn wird kommen mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters und dann einem jeden vergelten nach seinen Wer­ken« (Mt 16, 24-27).

Gebet: Gott, du willst, daß alle Menschen das Heil erlangen und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Wir bitten, sende Arbeiter in deine Ernte und gib, daß sie voller Zuversicht dein Wort verkünden, damit es eilends sich verbreite und weithin leuchte, und damit alle Völker dich erkennen, den einen wahren Gott, und Jesus Christus, den du gesandt hast, deinen Sohn, unsern Herrn.
Amen.

Nachfolge Christi – Buch 1 – Kapitel 1:
“Folge Christus nach und lerne verschmähen, was vergänglich ist”

  1. Wer mir nachfolgt, der wandelt nicht in der Finsternis, spricht der Herr (Joh. 8,12). Dies sind Worte aus dem Munde Christi, die uns mahnen, seinem Leben und Verhalten treu nachzuleben, wenn wir von aller Blindheit des Herzens ge­ heilt und von dem wahren Lichte erleuchtet werden wollen. Wir sollen also unsere höchste Aufgabe darin sehen, das Leben Jesu Christi zu erforschen.
  2. Die Lehre Christi übertrifft alles, was die Heiligen ge­ lehrt haben, und wer den Geist Christi hätte, der müßte ein verborgenes Himmelsbrot darin finden. Da geschieht es aber, daß viele das Evangelium oft hören und dabei fast ohne Hunger und Durst nach diesem Brote des Lebens bleiben, weil ihnen die Hauptsache, der Geist Christi, fehlt. Wer die Lehre Christi in ihrer Fülle kennen lernen und schmecken will, der muß mit allem Ernste danach streben, daß sein ganzes Leben ein zweites Leben Jesu werde.
  3. Was nützt es dir, über die Dreieinigkeit hochgelehrt streiten zu können, wenn du die Demut nicht hast, ohne die du der Dreieinigkeit mißfällst? Wahrhaftig, hochgelehrte und tiefsinnige Worte machen den Menschen nicht heilig und nicht gerecht: ein Leben voll Tugend dagegen macht uns Gott genehm. Es ist mir ungleich lieber, ein lebendiges Ge­ fühl der Reue und Buße im Herzen zu haben, als eine schulgerechte Erklärung geben zu können, was Reue und Buße sei. Hättest du die ganze Bibel und die Aussprüchealler Philosophen im Gedächtnis, hättest aber dabei die Liebe Gottes und seine Gnade nicht im Herzen: wozu hülfe dir all jenes, ohne dieses Einzige? O Eitelkeit der Eitelkeiten! — alles ist Eitelkeit, auiser Gott lieben und ihm allein dienen. Darin besteht die höchste Weisheit, daß durch Verachtung der Welt um das himm­ lische Reich gerungen wird.
  4. Also ist es Eitelkeit, vergängliche Reichtümer zu sam­ meln und darauf seine Hoffnungen zu bauen. Also ist es Ei­ telkeit, nach hohen Ehrenstellen zu trachten und sich gerne obenan zu setzen. Also ist es Eitelkeit, sich den Lüsten des Fleisches zu überlassen und nach Freuden zu jagen, die uns einst schwere Strafen zuziehen werden. Also ist es Eitelkeit, nur immer wünschen, daß man lange lebt, und sich wenig darum bekümmern, daß man fromm lebt. Also ist es Eitel­ keit, das Auge stets heften auf das gegenwärtige und nie hin­ ausblicken auf das kommende Leben. Also ist es Eitelkeit, sein Herz an das hängen, was so schnell und unaufhaltsam vorübergeht, und nicht dorthin eilen, wo ewige Freude wohnt.
  5. Gedenke doch immer wieder jenes Wortes: Das Auge kann sich nicht satt sehen, nicht satt hören das Ohr (Pred. 1, 8). Reiß also dein Herz von den sichtbaren Gütern los und erhebe es zu den unsichtbaren! Denn, die ihrer Sinnlichkeit folgen, beflecken ihr Gewissen und verlieren die Gnade Gottes.