10. Tag – Freitag, 15. November 2024

Ungeordneter Freiheitsdrang

Gebete

Komm, Schöpfer Geist

Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein, besuch das Herz der Kinder dein,
erfüll uns all mit deiner Gnad’, die deine Macht erschaffen hat.

Der du der Tröster wirst genannt, vom höchsten Gott ein Gnadenpfand,
du Lebensbrunn, Licht, Lieb’ und Glut, der Seele Salbung, höchstes Gut.

O Schatz, der siebenfältig ziert, o Finger Gottes, der uns führt,
Geschenk, vom Vater zugesagt, du, der die Zungen reden macht.

Zünd an in uns dein Gnadenlicht, gieß Lieb ins Herz, die ihm gebricht,
stärk unsres Leib’s Gebrechlichkeit mit deiner Kraft zu jeder Zeit.

Treib weit von uns des Feind’s Gewalt, in deinem Frieden uns erhalt,
daß wir, geführt von deinem Licht, in Sünd’ und Leid verfallen nicht.

Gib, daß durch dich den Vater wir und auch den Sohn erkennen hier,
und daß als Geist von beiden dich wir allzeit glauben festiglich.

Gott Vater Lob auf höchstem Thron und seinem auferstand’nen Sohn;
dem Tröster auch sei Lob geweiht jetzt und in alle Ewigkeit.
Amen.

Anrufung des Heiligen Geistes

Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen
und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!

Sende aus deinen Geist, und alles wird neu geschaffen werden.
Und du wirst das Angesicht der Erde er­neuern.

O Gott, du hast die Herzen der Gläubigen durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes gelehrt;
gib, daß wir in diesem Geiste erkennen, was recht ist, und seines Trostes uns allezeit erfreuen:
Durch Christus, unsern Herrn.
Amen.

Ave maris stella

Meerstern, ich dich grüße, Mutter Gottes, süße,
allzeit Jungfrau, reine, Himmelspfort’ alleine!

Ave klang die Kunde aus des Engels Munde,
uns den Frieden spende, Evas Namen wende.

Lös das Band der Sünden, spende Licht den Blinden,
allem Bösen wehre, alles Gut begehre.

Dich als Mutter zeige, daß durch dich sich neige
unserm Fleh’n auf Erden, der dein Sohn wollt’ werden.

Jungfrau, auserkoren, mild und rein geboren,
uns von Schuld befreie, Keuschheit uns verleihe.

Gib ein reines Leben, mach den Weg uns eben,
daß in Himmelshöhen froh wir Jesus sehen.

Vater, ich dich ehre, Sohn, dein Lob ich mehre,
beider Geist ich preise, drei auf gleiche Weise.
Amen.

Gebet vor der Betrachtung in den ersten zwölf Tagen

O Maria, unbefleckte Braut des Heiligen Geistes,
Mutter Jesu und meine Mutter, meine Herrin und Königin!
Dir will ich mich ganz hingeben, durch dich ganz Jesus gehören.
Erflehe mir Licht und Kraft vom Heiligen Geist und reinige mich vom Geist der Welt.

Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen
und entzünde in uns das Feuer deiner göttlichen Liebe.

Betrachtungen

Seit Jahrhunderten geht ein Schrei nach Freiheit durch die Welt. Alle Bindungen lockern und lösen sich in Beruf und Familie, in Gesellschaft und Staat. Aber wird hier die Freiheit nicht mißverstanden? Je­ dem Gelüste nachgeben, sich über alle Schranken hinwegsetzen, ist nicht Freiheit, sondern Zügellosigkeit. Gott dienen heißt herrschen; sich Gott aus freien Stücken hinzugeben, ist die höchste Freiheit fürden Christen.

Die Ganzhingabe verleiht uns eine große innere Freiheit

Wer die Ganzhingabe treu übt, dem verleiht sie eine große innere Freiheit, die Freiheit der Kinder Gottes. Hat sich je­ mand durch diese Hingabe Jesus Christus ganz geweiht und zu eigen gegeben, dann belohnt ihn der Herr in seiner Güte auf dreifache Weise für seinen liebenden Ver­ zicht auf den eigenen Willen: erstens be­ freit er ihn von aller knechtischen Furcht, die ihn nur einengen, fesseln und verwir­ ren könnte; zweitens weitet er ihm das Herz in heiligem Vertrauen auf Gott, den er als seinen Vater erkennt; drittens flößt er ihm eine zärtliche Kindesliebe ein.
(170) Ich will mich nicht damit aufhal- ten, diese Wahrheit ausführlich zu begrün­ den, sondern nur eine Begebenheit anfüh­ ren, die ich in der Lebensbeschreibung der Mutter Agnes von Jesus gelesen habe, einer Dominikanerin im Kloster von Langeac in der Auvergne, die dort im Jahre 1634 im Rufe der Heiligkeit gestorben ist. Sie war erst sieben Jahre alt und schon in großer seelischer Not; da hörte sie eine Stimme ihr sagen, sie solle sich möglichst bald dem Heiland und seiner heiligsten Mutter als Eigentum weihen, um von all ihrer Not be­ freit und vor all ihren Feinden beschützt zu sein. Kaum war sie daheim angekom­ men, da schenkte sie sich sofort dem Hei­ land und der Gottesmutter als Eigentum, obwohl sie früher nichts von dieser Hin­ gabe gewußt hatte. Dann suchte sie eine eiserne Kette, gürtete sie um ihre Hüften und trug sie bis zum Tod. Von diesem Augenblick an hörten all ihre Nöte und Skrupel auf, sie war in einem tiefen Frie­ den und ihr Herz ward von Freude erfüllt. Diese Erfahrung bewog sie, die Ganzhin­ gabe vielen anderen zu empfehlen, die dar­ in große Fortschritte machten. Unter ihnen war auch Olier, der Gründer des Seminars von St. Sulpice, und mehrere andere Prie­ ster und Kleriker dieses Seminars. Eines Tages erschien die heiligste Jungfrau der Mutter Agnes und legte ihr eine goldene Kette um den Hals, um so ihre Freude dar­ über zu bezeugen, daß sie sich dem Dienste Jesus und Mariens geweiht hatte.
Und die heilige Cäcilia, die mit der Got­ tesmutter erschienen war, sprach zu ihr:
»Selig sind die treuen Diener der Him­ melskönigin, denn sie werden die wahre Freiheit genießen!«

Jesus über echte und falsche Freiheit:

»Wenn ihr in meiner Lehre verharrt, seid ihr wahrhaft meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahr­ heit wird euch frei machen«… »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer Sünde tut, ist der Sünde Sklave« (Joh 8, 31. 32. 34).

Paulus lehrt Freiheit in Christus:

»Zur Freiheit hat uns Christus geführt. So steht denn fest und laßt euch nicht aufs neue das Joch der Knechtschaft aufbürden … Brü­ der, ihr seid zur Freiheit berufen, aber mißbraucht die Freiheit nicht zum Dienst des Fleisches« (Gal 5, 1. 6. 13).

Gebet:

Herr, laß dich versöhnen und dränge unseren Willen, wenn er auch wi­ derspenstig ist, gnädig hin zu dir. Geleite dein Volk, auf daß es die vollkommene Freiheit erlangen möge und fortschreite zum ewigen Leben. Amen.

Nachfolge Christi – Buch 3 – Kapitel 32:
“Verleugne dich selbst und entsage aller ungeordneten Begierde!”

  1. Der Herr: Mein Sohn, die vollkommene Freiheit kannst du nicht besitzen, wenn du dich nicht zur vollkommenen Verleugnung deiner selbst durcharbeitest. Sklavenfesseln tra­ gen alle, die eigensüchtig an irgendeinem Ding hangen, die sich selbst lieben, die lüstern und neugierig sind, die viel umherschwärmen, nur suchen, was ihren Sinnen schmeichelt, und nicht was Jesu Christi ist, die immer das bauen und be­ festigen wollen, was keinen Grund und Bestand hat. Zu nichts wird ja alles, was nicht aus Gott geboren ist. Halte dich an das kurze, aber allessagende Wort: Verlaß alles, dann findest du alles; gib Abschied der Begierde, dann kommt dir die Ruhe entgegen. Dieses Wort überdenke; und wenn du dieses Wort erfüllt haben wirst, dann wirst du alles ver­ stehen.
  2. Der Mensch: Mein Herr, das ist keine Arbeit für Einen Tag und kein Spiel für Kinder. In dieser Schale liegt ja der ganze Kern der Vollkommenheit für alle, die Gott, den Herrn, suchen.
    Der Herr: Mein Sohn, das soll dich nicht zurückschrecken, noch mutlos machen, wenn du von dem Wege der Vollkom­ menheit reden hörst; soll dich vielmehr reizen, nach dem höheren Ziel emporzuklimmen, oder wenigstens ein herzli­ ches Sehnen nach diesem Ziele in dir zu unterhalten. Oh, daß es doch so gut mit dir stünde, daß du doch schon so weit be­ kommen wärest, daß du frei von der blinden Liebe zu dir selbst fertig stündest, und gefaßt auf meinen Wink und auf den Wink meines Vaters, den ich dir geoffenbart habe! Dann könnte mein Auge mit Wohlgefallen auf dir ruhen; dann würde dein ganzes Leben in Fried und Freude vorübergehen. Aber du hast in dir noch viel, viel zu verleugnen; und wenn du nicht alles mir ganz allein anheimstellst, so wirst du nicht finden, was du suchst. Laß dir meinen Rat heilig sein: Kauf dir von mir geläutertes Gold, das dich reich macht, das ist: die himmlische Weisheit, die alles Irdische mit Füßen tritt. Gib alle irdische Weisheit, alle Menschen- und Selbst-Gefälligkeit daran.
  3. Ich sagte: Du sollst das, was im Auge der Menschen hoch und köstlich ist, darangeben, und etwas, das im Auge der Menschen schlecht und nieder ist, dafür kaufen. Denn schlecht und gering im Auge der meisten Menschen und fast ganz aus ihrem Andenken gerückt ist die wahre, himmlische Weisheit, die gering von sich denkt und auf Erden nicht groß heißen will; eine Weisheit, die viele mit ihrer Zunge rühmen, aber mit ihrem widersprechenden Wandel lästern, die aber desungeachtet die köstlichste Perle ist, verborgen vor den Augen der Vielen.